Bericht über die Demonstration vom 19.11.16

Kiezdemo gegen Verdrängung in Neukölln
Rebellische Nachbarn, Solidarische Kieze, Stadt von unten

Am Ende waren es knapp 1000 Menschen, die am Samstagabend in Neukölln gegen Zwangsräumungen, Mieten und andere Zumutungen der kapitalistischen Wohnungspolitik demonstrierten. Eine Demonstration, wie sie derzeit in vielen Bezirken Berlins und in vielen Städten der Welt stattfinden könnte.

Doch zu Beginn der Startkundgebung bot sich den 200 Mutigen ein dystopisches Bild: dunkle Wolken und dichter Novemberregen, dazu eine Hundertschaft der Berliner Bulletten im Schatten einer Kirche. Respekt an alle, die sich an diesem Tag vor die Tür getraut haben! Doch die großartige Stimme aus dem Lauti erinnerte, weshalb wir gekommen waren: Wohnraum ist keine Ware! Zwangsräumungen verhindern! Solidarität mit der Friedel54 und allen anderen Betroffenen im Berliner Monopoly! Und wir lassen uns keine rassisitschen Märchen unterjubeln! Wir können unterscheiden, wer auf unsere Kosten profitiert und wer unsere Solidarität benötigt!

Anlass der Demonstration war die anstehende Räumung des Kiezladen Friedel54 Ende März 2017. Über zehn Redebeiträge brachten aber zum Ausdruck, dass die Kacke in Neukölln überall am dampfen ist. Den Beginn machte der Stadtteilladen Lunte aus der Weisestraße. Sie wiesen darauf hin, dass das Haus in der benachbarten Weisestraße 47 seit Jahren zum größten Teil leersteht und hier dringend benötigter Wohnraum vernichtet wurde. Da der Londoner Milliardär Henning Conle offensichtlich nicht willens ist, es angemessen zu nutzen und auf das Haus auch nicht angewiesen ist, sollte es lieber in die Hände neuer Nutzer_innen übergehen. Diese trafen sich am 22.11. Wir sind gespannt, was sie in ihrem neuen Haus planen.
Eine Initiative aus Tempelhof skandalisierte in ihrem Redebeitrag, dass in den Hallen des stillgelegten Flughafens Tempelhof Menschen in Lagern untergebracht werden. Dass diesen die Hoffnung und vor allem die eigenständige Handlungsfähigkeit geraubt werden. Nach wie vor sitzen über 1000 Menschen in diesen schlecht getarnten Knästen fest.
Weitere Redebeiträge der Initiative Hände weg vom Wedding zeigten auf, dass es sich beim Verkauf der Stadt bei weitem nicht nur um ein Neuköllner Problem handelt. Stellvertretend wiesen sie auf den Konflikt in der Koloniestraße hin, wo Bewohner_innen von sieben Häusern gegen ihre Entmietung protestieren. Auf dem gut sichtbaren Hochtransparent stand: Keine Liebe für Verdrängung.

Als sich die Demo in Bewegung setzte bog sie gleich in die Weisestraße ein. Im Frontblock war eine Wunderkerzen-Choreografie zu sehen, unterstrichen von einem kleinen roten Nebeltopf. Am Rande verteilten mehrere Menschen Flyer, die für Solidarität mit dem Kiezladen Friedel54 aufriefen, gegen die Kriegskonferenz „Berlin Security Conference“ mobilisierten oder zum Umsturz aller herrschenden Verhältnisse aufriefen. Auf Transparenten war z.B. zu lesen: “Friedel54 kämpft – Kiezladen bleibt”, “Den Profiteuren der Verdrängung auf die Pelle rücken” oder “Stoppt Zwangsräumungen”. Die Menge skandierte u.a.: “Die Häuser, denen, die sie brauchen!”, “Avanti Anticapitalista!” und “Miete verweigern, Kündigung ins Klo – Häuser besetzen sowieso!”

Als die Demo den Schillerkiez verließ, waren bereits ca. 400 Menschen auf der Staße und mobile Teekannen sorgten für Wärme und strahlende Gesichter. Am Rathaus Neukölln gab es die erste Zwischenkundgebung. Die Initiative Social Center 4 All, welche vor kurzem die nahe gelegene Alte Post besetzte, stellte ihren Vorschlag für ein soziales Zentrum vor, in dem Nachbar_innen und Geflüchtete zusammen leben.
Im Anschluss daran richtete auch die Neuköllner Bezirksgruppe der Berliner Mietergemeinschaft einige Worte an die Demonstration und umstehenden Passant_innen..

Mittlerweile rund 500 Menschen demonstrierten entlang der Sonnenallee. Ein arabisches Transparent, dass für die Freiheit von politischen Gefangenen aufrief, wurde Grund für zahlreiche Selfies von Passant_innen. Viele Menschen aus den Häusern und Läden winkten der Demo zu. Immer wieder schlossen sich Menschen noch spontan an oder kamen aufgrund des nun trockenen Wetters hinzu. Den Bullen war die Demo wohl immernoch zu friedlich und so formierten sie ein Spalier um die Demo und begannen den ersten Block zu filmen. Wir verurteilen dieses Verhalten der Berliner Polizei, welche bewusst die Außenwirkung der Demonstrationen beschränkt und einzelne Teilnehmer_innen kriminalisiert hat. Folgerichtig wurden auch immer wieder lautstarke Parolen gegen die Polizei gerufen.
Angekommen im Reuterkiez gab es eine erneute Zwischenkundgebung an der Pflüger- Ecke Nansenstraße. Zwischen diesen beiden Straßen, sowie der Fram- und der Pannierstraße stehen insgesamt 17 Häuser vor der Zwangsversteigerung. Die rund 300 Menschen aus den Häusern organisierten sich in der Initiative „Unser Block Bleibt“. Eine erste Reihe von Versteigerungsterminen konnten sie bereits verhindern. Es ist großartig, dass sie sich bereits so früh zur Wehr setzen. Die Erfahrung lehrt, dass alle Schweinereien meist mit dem Verkauf der Häuser beginnen…

Danach übernahm die Gruppe Corasol das Wort, in der sich Weiße und Geflüchtete zusammen organisieren. Auf Deutsch und Französisch ergriffen sie Partei für alternative Projekte wie die Friedel54, die notwendig sind, um sich selbstbestimmt und auf Augenhöhe zu begegnen. Kurz darauf bog die Demo in die Friedelstraße ein. Hier wurden die Parolen der mittlerweile fast 1000 Menschen nochmal lauter wie z.B. “M99, Friedel bleibt – One struggle, one fight!” Aus vielen Fenstern wurde die Demo aufmerksam verfolgt und aus einigen hingen auch Transparente in Solidarität mit der Friedel54. Auf dem Haus der Friedelstraße 54 wurde ein Feuerwerk gezündet und auch in der Demo wurde die Freude über die Besetzung und zugleich die Wut über die absehbare Räumung mit Bengalischen Feuern untermalt.
Vom Lauti wurde noch Werbung für die Kiezversammlung44 gemacht, die sich jeden 1. Sonntag im Monat um 12 Uhr in der Manege in der Rütlistraße 1-3 trifft. Zum Abschluss wurde an die Räumung des Allmende e.V. im Kottbusser Damm Ende März 2015 erinnert. Ein wichtiger Ort, an dem für gleiche Rechte für alle Menschen gekämpft wurde und der dem Profitstreben und dem Schutz des Privateigentums geopfert wurde. Ein weiterer Ort, der uns in letzter Konsequenz durch einen brutalen und wie so oft rechtswidrigen Polizeieinsatz gestohlen wurde.
Kurz vor dem geplanten Endpunkt wurde die Demo auf dem Kottbusser Damm aufgelöst, da die mittlerweile behelmten Bullen mittlerweile heiß auf Festnahmen waren um ihre Statistiken aufzufrischen. Eine junge Frau wurde anschließend z.B. wegen angeblicher Vermummung vorübergehend festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt. Sie war fortan wieder auf freiem Fuß, aber ihren Schal haben die uniformierten Gauner geklaut!

Wir wollen uns bei allen beteiligten Gruppen bedanken! Allen Menschen, die mit uns auf der Straße waren, die gebastelt und Transpis gemalt haben, die Tee gekocht und verteilt haben, die den Lauti geschoben und sich in die ersten Reihen gestellt haben, die mit Kindern gekommen sind, die sich eine Erkältung zugezogen haben oder die ordentlich Werbung gemacht haben, gilt unsere Dankbarkeit! Allen Bullen, die unseren Protest in den Häusern, Heimen, Lagern und auf der Straße deligitimieren wollen, gilt unsere Abneigung.

Kämpft weiter in euren Häusern, in euren Kiezen!
Helft euren Nachbar_innen und lasst euch selbst helfen!
Schaffen wir Alternativen zu diesem System, dass uns immer wieder angreift!
Schaffen wir die Stadt von unten!

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[PM] Demonstration am Samstag: Nordneukölln zum rebellischen Kiez machen!

Pressemitteilung zur Neuköllner Demonstration “Rebellische Nachbarn, solidarische Kieze, Stadt von unten!” am Samstag, 19.11., ab 16.30 h

“Ich bin täglich mit Menschen konfrontiert, die von Immobilienfonds oder Kapitalgesellschaften aus Häusern vertrieben werden, die aus reinem Kapitalverwertungsinteresse erworben wurden.” Diesen Satz schrieb der scheidende Sozialstadtrat Neuköllns im September als Antwort auf eine Solidaritätsanfrage der Hausgemeinschaft Friedelstraße 54.
Bernd Szczepanski (Bündnis 90/Die Grünen) bekundete wie andere lokalpolitische Akteure seine Sympathie für das Soziale Zentrum Friedel54, das seit 12 Jahren im Ladenlokal unter den 16 Mietparteien politische Veranstaltungen, Volksküchen, Kneipenabende und Gruppentreffen ermöglicht. Seit Mai sind diese Räume besetzt, weil das Dutzend Gruppen, das sie mit Leben füllt, die Kündigung nicht akzeptiert. Es darf nicht wieder ein sozialer Raum verloren gehen, nur weil einige reiche Leute noch reicher werden wollen!
Doch da der Mietenmarkt im Bezirk allgemein schlimm ist, hat das Kiezladenkollektiv die von ihm organisierte Demonstration am kommenden Samstag nicht nur auf sich bezogen.

“Rebellische Nachbarn, solidarische Kieze, Stadt von unten!” So lautet das Motto der Demonstration, die um 16.30 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Herrfurthplatz (U Boddinstr.) beginnt und am Kottbusser Damm endet.

Sehr viele Menschen hat es in den letzten Jahren ungleich schlimmer getroffen, als die Gruppen der Friedel54: Sie haben ihre Wohnung verloren, weil sie eine Mieterhöhung nicht tragen konnten oder weil das Arbeitsamt einen Fehler bei der Mietzahlung beging; sie leben in einer Massenunterkunft ohne Privatsphäre und müssen womöglich sogar die Abschiebung fürchten; sie leben in Angst vor Übergriffen durch Rassisten, die vom Aufstieg der AfD angestachelt werden.
All dem halten die Menschen, die hinter der Friedel54 stehen, die Vision einer solidarischen Gesellschaft entgegen – einer Solidarität, die nachbarschaftlich gelebt wird und somit Politik und Wirtschaft von unten fundiert und .
In Berlin werden jährlich an die 10.000 Zwangsräumungen gerichtlich festgesetzt. Ist Wohn- oder Gewerberaum erst mal zu einer Ware geworden, sind extreme Preissprünge kaum noch zu verhindern, wenn der Markt sie hergibt. Die Besetzung der Friedel54 ist praktische Kritik an einem Eigentumsbegriff, der kollektives Eigentum als Gemeingut nicht mehr kennt und massenhaft Menschen von grundlegenden sozialen Zusammenhängen ausschließt.
Das Haus Friedelstraße 54 wurde 2014 von der Wiener Immobilienfirma Citec gekauft. Sie bereitete schon Modernisierungen vor, die die Mieten extrem erhöht hätten, und kündigte vor einem Jahr dem Sozialen Zentrum die Räumlichkeiten. Es folgten eine massive Kampagne gegen Citec und der Versuch von Kiezladen und Hausgemeinschaft, das Haus gemeinsam zu kaufen. Die Verhandlungen scheiterten, weil Citec unverschämt viel Geld wollte. Im Sommer verkauften die Wiener Spekulanten das Haus dann an die luxemburgische Immobilienfirma Pinehill, die sofort die Räumungsklage gegen den Kiezladen einreichte. Mittlerweile wurde eine Räumungsfrist bis Ende März gewährt.
Ein Reisebus brachte den Protest schon bis zur Wiener Citec-Zentrale. Der lange Arm der Friedel54 wird aber auch bis Luxemburg reichen! Es scheint, dass kein Gesetz den Verlust dieses sozialen Raums, der sich gegen Konsumzwang und Diskriminierung richtet, verhindern kann. Was wir in letzter Zeit auf Bundes- und Landesebene an mietenpolitischem Getue erleben, ist eine Show, die jenen Teil der Bevölkerung beruhigen soll, von dem die großen Parteien noch etwas zu erwarten haben. Zu diesem Teil der Bevölkerung zählen wir vom Kiezladen Friedel54 nicht! Wir wissen, dass keine Regierung ein ernstzunehmendes Konzept hat. Wie auch? Sie akzeptieren die herrschende Warenförmigkeit grundlegender sozialer Ressourcen. Deshalb rufen wir unsere Mitmenschen auf, Gegenmacht aufzubauen. Schließt euch uns an, um rebellische Kieze zu schaffen! Wir fangen in Neukölln an, wissen aber, dass wir dabei Hilfe aus anderen Stadtteilen erhalten, so wie wir uns gegen Zwangsräumungen und polizeilich ausgerufene “Gefahrengebiete” in anderen Stadtteilen gewendet haben.
Proteste gegen Verdrängung sind in Berlin weiterhin vernetzt. Wir sind solidarisch mit dem berühmten “Kilometer Anarchie” (B.Z.) in der Rigaer Straße und jedem anderen Meter, der sich der Systemlogik entzieht! Wir unterstützen die Kämpfe gegen die Bebauung der Cuvrybrache, gegen die Räumung des Ladens M99, des Sozialen Zentrums Potse/Drugstore und ähnlicher Projekte – und all das im Gedenken an den Verein Allmende, der seine unweit der Friedel54 gelegenen Räumlichkeiten im März 2015 auf dieselbe Weise verlor, die nun uns droht.
Wir gehen nicht freiwillig! Wir sorgen für eine rebellische Nachbarschaft! Der Kampf geht weiter!

Für Fragen:
Matthias Sander, Tel.: 017691281251
Mail: kiezladenf54bleibt@riseup.net

Demo: Rebellische Nachbarn – Solidarische Kieze – Stadt von Unten | 19.11. | 16:30 | Herrfurthplatz

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You can find a Multilingual Flyers to the demonstration under Kündigung/ Material

 

 

Kommt am 19.11. zur Demo für eine Stadt von unten. Los geht es um 16:30 am Herrfurthplatz in Neukölln (Nähe U-Boddinstraße)

 

Die Angst vor Verdrängung in Neukölln ist allgegenwärtig. Vielen droht der Verlust der eigenen vier Wände. Neue Wohnungen in den Kiezen Nord-Neuköllns zu finden ist nur wenigen Priviligierten vorbehalten. Geflüchtete werden in Turnhallen und im ehemaligen Flughafen Tempelhof eingepfärcht und isoliert. Zwangsräumungen und Abschiebungen durch die deutsche Polizei gehören zum alltäglichen Wahnsinn. Es wird Zeit, dagegen auf die Straße zu gehen.

Rebellische Nachbarn

Mehr als 10 000 Räumungsklagen wurden 2015 in Berlin gestellt. Sie sind Ausdruck des kapitalistischen Interesses, durch Verdrängung höhere Mieten zu erzielen. Nicht wenige dieser Klagen münden in Zwangsräumungen. Nachbarschaftlicher Widerstand gegen Verdrängung ist leider die Ausnahme, findet aber statt. Sei es in der Rigaerstraße im vergangenen Sommer, wo Nachbar*innen jeden Abend mit Topfschlägen zeigten, was sie von der Polizeipräsenz in ihrem Kiez halten oder die Ankündigung zahlreicher Nachbar*innen im Wrangelkiez sich der angekündigten Zwangsräumung Hans Georg Lindenaus und seines Ladengeschäfts M99 mit zivilen Ungehorsam entgegenzustellen. Rebellisch bezeichnet hierbei weniger die Form des Widerstandes als ein Bewusstsein dafür, dass die herrschende Stadtpolitik nicht im Interesse der Bewohner*innen handelt, sondern ganz im Gegenteil die Verdrängung durch eigentümerfreundliche Gesetze, Hartz4, Massenunterkünfte für Geflüchtete, Abschiebungen und Zwangsräumungen aktiv vorantreibt. Rebellische Nachbarn wehren sich nach ihren individuellen Möglichkeiten gegen soziale und rassistische Ausgrenzung, sowie die Verdrängung aus den Kiezen.

Solidarische Kieze

Die rechtspopulistische AfD ist im September mit 14,2 % erstmals ins Abgeordnetenhaus gewählt worden. Nicht nur in Neukölln, sondern auch in 5 weitere Bezirksverordnetenversammlunge n (BVV) ist sie eingezogen und will dort ihre rassistischen und unsozialen Forderungen einbringen. Populismus gegen Geflüchtete und sozialunverträgliche Politik gibt es aber auch in allen anderen Parteien. Aktive und unmittelbare Solidarität in den Kiezen bilden schon jetzt einen sichtbaren Gegenpol zu Asylgesetzesverschärfung, menschenunwürdigen Massenunterkünften und dem alltäglichen Terror von Jobcentern. Die Zusammenarbeit von Geflüchteten, wie „Corasol“, mit der „Berliner Obdachlosenhilfe e.V.“ zeigt, dass sich die Marginalisierten dieser Stadt nicht gegeneinander ausspielen lassen. Gruppen, wie die „Erwerbslosenintitiative Basta“, die vergangenes Jahr im Wedding eine Ferienwohnung besetzte, um dort kostenlose Sozialberatungen für Benachteiligte anzubieten, zeigen auf, dass unmittelbare Solidarität möglich ist. Solidarität in den Kiezen ist also vorhanden, muss aber weiter ausgebaut werden, um sich gegenseitig Mut zu machen und den Kampf langfristig erfolgreich zu führen. Jedes „Solizimmer“ für Geflüchtete, jeder unkommerzielle Raum und jede Aktion gegen Nazis und Rechtspopulist*innen steht für einen Schritt in die richtige Richtung. Denn nur gemeinsam können wir diesem gefährlichen Trend zu mehr Herrschaft und Ausbeutung ein solidarisches Miteinander entgegensetzen.

Stadt von Unten

Nicht nur in Neukölln wird einem die Bedrohung, verdrängt zu werden, durch die vielen Baustellen vor Augen geführt. Energetische Sanierungen sind eines der populärsten Mittel Mieter*innen durch Mieterhöhungen zu verdrängen, nicht nur in der Friedelstraße 54. Die letzten unbebauten Flächen sind schon lange an große Investor*innen verscherbelt und auf ihnen Luxusbauten, wie das „Carré Sama-Riga“ in Friedrichshain, geplant. Der Ausverkauf der Stadt hat nicht begonnen, er ist schon fast abgeschlossen. Sanierungen und Neubau sind eigentlich begrüßenswert, doch die Gesetzeslage und ein autoritäres System verwandeln sie in die größten Bedrohnungsszenarien für Be- und Anwohner*innen. Das langfristige Ziel muss die Selbstverwaltung der Häuser durch ihre Bewohner*innen und Nutzer*innen sein. Doch auch mittelfristige Forderungen in Form von kommunalem Wohnungsbau, wie ihn die „Berliner Mietergemeinschaft“ fordert, sind Alternativen zur Wohnraumverwertung durch private Unternehmen. Hausgemeinschaften und Mieter*inneninitiativen, sowie Kiezversammlungen bieten schon jetzt die Möglichkeit demokratischer Entscheidungsfindung und versuchen außerparlamentarischen Druck aufzubauen. Doch wir wollen mehr: Eine Stadt, in der wir selbst entscheiden, wie wir leben und zwar unabhängig von Rechtsstatus und Kontostand.

Wie die Demo aussieht bestimmt Ihr! Wir begrüßen ausdrücklich eigene Impulse, Schilder, Transparente und Parolen auf und um die Demonstration herum. Jegliche Werbung von Parteien und Wählergemeinschaften hat auf dieser Demonstration keinen Platz, ebenso wie rassistisches, antisemitisches, sexistisches, homophobes, trans*feindliches und anderes diskriminierendes Verhalten.

 

Route
Die Auftaktkundgebung startet 16.30 Uhr am Herrfurthplatz
(U8-Boddinstraße). Um 17 Uhr beginnt die Demo.
Die Route ist folgende:
Herrfurthstr.-> (li) Weisestr.-> (re) Selchower Str.-> (li) Hermannstr.
-> (re) Flughafenstr.-> (re) Karl-Marx-Straße -> (li) Erkstr. -> (li)
Sonnenallee -> (re) Pannierstr.-> (li) Pflügerstr. -> (li) Nansenstr. ->
(re) Reuterplatz -> (re) Reuterstr. -> (li) Lenaustr. -> (li)
Friedelstr. -> (re) Weserstr. -> (re) Hobrechtstr. -> (li) Lenaustr. ->
(re) Kottbusser Damm -> (li) Endkundgebung Hohenstaufenplatz (Zickenplatz)

Karteroute
Illustriert ist das ganze in der folgenden Karte:
http://u.osmfr.org/m/111676/

Sie zeigt nicht nur die Demoroute sondern auch einige kämpfende
Hausgemeinschaften, Kiez-Inis, Stadtteilläden, verhinderte und
durchgeführte Zwangsräumungen, Stadtteilgärten. Nach der Demo wird sie
zu einer richtigen Neuköllner stadtpolitischen Karte weitergebastelt.
Wenn da wichtige Sachen fehlen, ihr Anmerkungen habt, etc., schreibt
bitte an karte_nk44 (at) systemli.org.

 

https://www.facebook.com/events/1675129839466266/

 

 

Statement zur aktuellen Situation der Friedel54

Am 20.10.2016 fand die Verhandlung der Räumungsklage gegen den Kiezladen Friedel54 im Amtsgericht Neukölln statt. Ihr Ziel war es, den Kiezladen Friedel54 aus den Räumen zu drängen, die er seit 12 Jahren mit politischen und kulturellen Angeboten füllt. Eingereicht wurde die Klage durch die neuen Hauseigentümer, der Pinehill S.à.r.l., noch bevor sie Kontakt mit den Mieter_innen aufnahm.

 

Zur Erinnerung
Das Kiezladen-Kollektiv wollte zusammen mit den Bewohner_innen des Hauses das Haus im Mietshäuser-Syndikat-Modell kaufen und selbst verwalten. Durch eine Vielzahl solidarischer Aktionen wurden die Eigentümer_innen zu Verhandlungen gezwungen. Die Citec verkaufte, noch während dieser Scheinverhandlungen das Haus an die Luxemburger Briefkastenfirma Pinehill. Wir wurden also verarscht undzwar doppelt: Die Räumungsklage gegen uns wurde von der Citec im Kaufvertrag explizit gefordert. Unsere Wut auf die Wiener Kapitalisten ist dementsprechend groß.

 

Vor Gericht
Dass für das deutsche Recht und seine Justiz abstrakte Eigentumsverhältnisse schützenswerter sind als die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, wissen wir nicht erst seit der Verhandlung. Wir erwarteten von diesem Termin also herzlich wenig. Ganz im Gegenteil wir mussten damit rechnen, dass ein Räumungstitel erwirkt und spätestens im Dezember vollstreckt würde. Umso mehr hat uns die Unterstützung vor und im Gerichtsgebäude an diesem Morgen gefreut.

 

Dass die Räumung juristisch nicht mehr verhindert werden kann, wurde vor Gericht bestätigt, dennoch schlug die Richterin einen Vergleich 1 vor. Dieser Vergleich besagt folgendes.

 

  • Die Kündigung wird als juristisch rechtmäßig anerkannt.
  • Wir verlieren den Anspruch in Berufung zu gehen.
  • Der Kiezladen wird bis zum 31.3.2017 in den Räumen geduldet. Eine Räumung ist erst danach möglich.
  • Die Gerichtskosten werden geteilt. Wir übernehmen keine gegnerischen Anwaltskosten.
  • Beide Seiten können den Vergleich bis 2 Wochen nach der Verhandlung widerrufen.

 

Bei Widerruf des Vergleichs wäre es nicht zu einer erneuten Verhandlung gekommen, sondern zu einer Urteilsverkündung, die auf eine zeitnahe Räumung hinausgelaufen wäre. Spätestens Ende Dezember wäre es zu dieser gekommen.

 

Vergleich angenommen
Unsere teils sehr kontroverse Diskussion hat gezeigt, dass egal welche Entscheidung wir treffen sie keinen Erfolg darstellt, sondern praktische und taktische Vorteile und Nachteile abgewogen werden müssen. Einige der Wichtigsten für unsere Entscheidung, den Vergleich nicht zu widerrufen, sind unseres Erachtens nach:

 

  • Der Zeitpunkt einer Räumung ist berechenbarer, sodass der Widerstand gegen diese umso unberechenbarer sein kann.
  • Menschen mit unsicherem Aufenthalt können 5 Monate länger Veranstaltungen in der F54 organisieren und/oder besuchen.
  • Wir müssen den Anwalt der Gegenseite nicht bezahlen und verschwenden keine weitere Energie mit Gerichtsprozessen.
  • Wir können uns mehr auf andere stadtpolitische, antifaschistische Kämpfe wie z.B. HG_M99 , Linie206 oder Potse/Drugstore lenken und sie aktiv unterstützen.
  • Wir werden weiterhin keine Miete zahlen.

 

Perspektive und Widerstand
Keine_r wird die Friedelstraße 54 freiwillig verlassen!

 

4252814615-previewWir erkennen das Recht des Kapitals nicht als die maßgebliche Größe an, die unser Handeln bestimmt. Wir werden weiterhin mit allen Mitteln der praktischen Eigentumskritik versuchen, uns die Räume des Hauses nutzbar zu machen. Dass wir nun auf diese ganze Scheiße eingegangen sind, heißt aber nicht, dass wir sie nicht weiterhin kritisieren und angreifen werden. Ganz im Gegenteil die heiße Phase hat erst begonnen. Das Ziel, die Friedelstraße 54 nach den Vorstellungen der Bewohner*innen und Nutzer*innen zu gestalten, werden wir weiterhin energisch, einfallsreich und gemeinsam verfolgen. Dazu gehört eine praktische Kritik der herrschenden Eigentumsverhältnisse.
Die Hausfassade einen neuen Anstrich bekommen und ein “Themenmonat Eigentumskritik” füllt die Tresenabende unter der Woche. Weder eine Räumung noch eine Wiedervermietung der Ladenlokalitäten in der Friedelstaße 54 werden ein einfacher Geschäftsvorgang sein.
Auch wenn wir uns über alle solidarischen Akte freuen und eine militante Kampagne erhoffen – Die Friedel54 ist nicht der Nabel der Welt. Bringt euch in die Kiezversammlungen ein, wehrt euch gegen Miete und Kündigungen zusammen mit euren Nachbar_innen in eurem eigenen Haus! Unterstützt HG_M99, Potse/Drugstore, die Linie206, Altes Sportamt (Bremen), AZ Gathe (Wuppertal) und die vielen kämpferischen Hausgemeinschaften wie UnserBlockBleibt, Koloniestraße oder Schönleinstraße 4! In Zeiten des gesellschaftlichen Rechtsrucks ist es umso wichtiger sich auch mit den Marginalisierten und Illigalisierten dieser Stadt zu vernetzen und sie zu unterstützen.

 

8740823305-previewKiezdemo: ” Rebellische Nachbarn – Solidarische Kieze – Stadt von Unten” am 19.11. um 16.30 Uhr am Herrfurthplatz (Nahe U-Boddinstraße)
Wir rufen alle Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen auf an diesem Tag ihre Meinung auf die Straße zu bringen und gegen die gewaltsamen Eingriffe von Staat und Kapital in unsere Leben zu demonstrieren, seien es Zwangsräumungen, Mieten oder Abschiebungen. Lasst uns den Herbst und Winter nutzen um radikale Positionen wieder in den Alltag zu tragen. Hier findet ihr den Aufruf.

 

Wütend und solidarisch,

Das Kiezladen Friedel54-Kollektiv

 

1 „Vergleich“ ist ein juristischer Fachausdruck, der nichts über Freiwilligkeit oder Einvernehmlichkeit aussagt, sondern lediglich das Ende eines Zivilprozesses ohne Urteil beschreibt

Umsonstflohmarkt & Vegan Cake-Festival | 05.11. | 13 – 19 Uhr

Wir laden alle herzlich ein zum Umsonstflohmarkt und Vegan Cake-Festival im Kiezladen Friedel54. Die Idee ist, Sachen, die nicht mehr benötigt werden, anderen umsonst zur Verfügung zu stellen und dabei leckere Kuchen zu genießen. Jede*r kann ohne Anmeldung oder Standgebühr teilnehmen. Ihr könnt aber auch einfach den Tag bei Kaffee, Kuchen oder anderen Leckereien gegen Spende genießen.

Samstag, den 05.11. von 13 bis 19 Uhr im Kiezladen Friedel54
(Friedelstraße 54, Neukölln, Nähe U-Hermannplatz)

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We invite everyone to the Free- (flea) market and vegan cake-festival in Friedel54. The idea behind is to provide unused things without any conditions and enjoy delicious cakes. Everyone can participate without registration or stand fee. You can also come around and enjoy the day with coffee, cake and other treats for donation.

Saturday from 1 p.m. to 7 p.m. at Kiezladen Friedel54
(Friedelstraße 54, Neukölln, near U-Hermannplatz)