Pressemitteilung für die Demonstration am Samstag 09.09.2017 um 14 Uhr am Oranienplatz „Wem gehört die Stadt?”

„Wem gehört die Stadt? – Gegen hohe Mieten und zwangsräumungen – Für eine Stadt von Unten”

Armut, Wohnungslosigkeit und hohe Mieten sind als Themen im Wahlkampf angekommen. Erstaunlich spät, wo Verarmung, Entmietung, Modernisierungsstress, Mieterhöhungen und Obdachlosigkeit für immer mehr Menschen vor allem in Großstädten zum alltäglich spürbaren und sichtbaren Problem geworden sind. Lösungen haben die Parteien für diese deutschlandweiten Probleme bisher nicht genannt.

Deshalb gehen am 09.09. Kiezinitiativen, mieten- und stadtpolitischen Gruppen unter dem Motto “Wem gehört die Stadt? – Solidarisch gegen hohe Mieten und Zwangsräumungen – Für die Stadt von Unten“ in Berlin-Kreuzberg und -Neukölln auf die Straße.

Die Demonstrationsroute ist nicht zufällig gewählt. In Kreuzberg und Neukölln bündeln sich zahlreiche Brennpunkte der Aufwertung und Verdrängung. Einige davon werden durch die Demonstration sichtbar gemacht und durch Redebeiträge dokumentiert. Schon der Startpunkt ist ein Ort mit Symbolkraft für die Gentrifizierung, aber auch ein Ort des Widerstands dagegen. Hier gab es vor vier Jahren eine Platzbesetzung von Geflüchteten, die unter anderem gegen die prekären Wohnverhältnisse in Turnhallen und Lagern protestierten. Auch im weltoffenen“ Kreuzberg wird lieber für Gäste mit entsprechendem Pass und Kapital geplant und gebaut. Das zeigt sich an der Eröffnung des Luxushotels „Orania“ Ende August.

In unmittelbarer Nähe ist der Spätkauf „Ora35“ räumungsbedroht. Schon zum 31.08. sollte die Betreiberin Zekiye Tunc die Räumlichkeiten verlassen. Doch sie kämpft weiter und damit ist sie nicht allein. „Wir sind ein Bündnis von Einzelpersonen und Gruppen, die selbst von Verdrängung betroffen sind oder mit den Betroffenen zusammenarbeiten“, betont Sara Walther vom Bündnis Zwangsräumung Verhindern.
Passiert werden auch die Lausitzer Straße 8 und das Maybachufer 18, wo einst Familie Gülbol und die im Rollstuhl sitzende Nuriye Cengiz trotz großer Solidarität der Nachbar*innen und Blockaden hunderter Menschen zwangsgeräumt wurden. Hierzu schreibt das Bündnis Zwangsräumung Verhindern in ihrem Aufruf zu der Demonstration: „Solange die Wohnung eine Ware bleibt, ist das Menschenrecht auf Wohnen nicht durchsetzbar!“

Entscheidungen der Bundespolitik haben direkte negative Auswirkungen auf die tägliche Arbeit gegen Mieterhöhungen, Kündigungen und Zwangsräumungen: Der Pankower Mieterprotest und die Hausgemeinschaft der Friedelstraße 44 beispielsweise kämpfen gegen extreme Mieterhöhungen, die erst durch Bundesgesetze im Zusammenhang mit der sogenannten „energetischen Modernisierung“ entstehen. „Das sind Verdrängungsparagrafen. Die Modernisierungen sind in der Regel nicht notwendig und auch nicht nachhaltig. Energie wird selten eingespart. Aber das ist nicht das Ziel, sondern eine schnelle Renditesteigerung durch unverhältnismäßig große Mieterhöhungen und damit verbundene Mieterwechsel.“, sagt Eva Kamps vom Pankower Mietenprotest. Weiter betont sie: „Auch städtische Unternehmen wie die Gesobau verdrängen hier fleißig mit.”

Die Aktiven haben ihren Fokus auf der Basisarbeit und distanzieren sich von den Parteien. „Wie können wir mit Parteien kollaborieren, die uns zwangsräumen lassen?“ fragt Matthias Sander vom Friedel54-Kollektiv, deren Kiezladen Ende Juni in einem brutalen Polizeieinsatz geräumt wurde.Ferner sagt er: „Nutzer*innen und Mieter*innen wissen selbst, wie sie wohnen und leben wollen. Dazu braucht es keine Eigentümer und Hausverwaltungen, deren Renditeinteressen einer sozialen und solidarischen Stadtpolitik de facto entgegenstehen.“ Gerade im Gewerbemietrecht zeigt sich, dass dem Staat der Schutz des Eigentums wichtiger als die Bedürfnisse der Nutzer*innen und Nachbarschaft ist. Sowohl die Jugendzentren Potse/Drugstore, als auch der Ora35-Späti, die Kadterschmiede in Friedrichshain oder das feministische Kollektiv glitza glitza leiden darunter, dass vor Gericht das Eigentum siegt. Doch, ob es das auch auf der Straße tut, werden wir sehen.

Vorbereitungsgruppe für die „Wem gehört die Stadt?“-Demo am 09.09.2017

Presseskontakt: Matthias Sander
Telefon: 0157 75154084
E-Mail: wem_gehoert_die_stadt@systemli.org

Für mehr Informationen: http://wirbleibenalle.org/
Twitter: @kiezladen_f54
Facebook: https://www.facebook.com/events/111900666176800/

Pressemitteilung: BVV-Neukölln am 6.9. und Kundgebung vor dem Rathaus Neukölln

Kiezversammlung und Friedel54 fordern „Politik für Menschen, nicht für Briefkastenfirmen! Selbstverwaltung statt Eigentum!“

Unter diesem Motto will die Kiezversammlung44, ein selbstorganisiertes Bündnis aus solidarischen Nachbar*innen und Kiezinitiativen gemeinsam mit dem Kollektiv des Kiezladens Friedel54 erneut auf die verfehlte Stadtpolitik protestieren. Und zwar am 6.9. vor dem Rathaus Neukölln.

Die brutale Räumung des sozialen Zentrums in der Friedelstraße ist wieder auf der Tagesordnung der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung. Mit einer sogenannten „großen Anfrage“ will die Abgeordnete Marlis Fuhrmann als Teil der Partei die Linke mehr über das Handeln/nicht Handeln des Bezirksamts erfahren.

Unter anderem wird gefragt, was das BA unternommen habe um die Räumung zu verhindern und ob das BA einen Großeinsatz der Polizei zur Durchsetzung des Profitinteresses einer Immobilienfirma mit Briefkastenin Luxemburg für angemessen halte. Matthias Sander, Sprecher des Kiezladens meint hierzu: „Es gibt eindeutige Indizien, dass die Neuköllner Wohnungspolitik der letzten Jahrzehnte eng mit den Interessen von privaten Kapitalinteressen verwoben war. In unserem Fall wusste die Franziska Giffey rechtzeitig Bescheid um das Vorkaufsrecht auszuüben.“ Mit Unterstützung einer Stiftung und dem Mietshäuser Syndikat wollte die Hausgemeinschaft das Haus dem Markt entziehen. Das Bezirksamt hat nicht intervenieren wollen und sich auch im Nachgang dazu geäußert, wie wichtig es ist Eigentumsinteressen zu vertreten. (TAZ und RBB-Abendschau berichteten.)

Dass selbstorganisierter Widerstand die einzige Option zum Parlamentarismus ist, wollen die Protestler*innen an diesem Nachmittag noch einmal bekräftigen. „Wir wissen, dass viele Menschen in Neukölln Angst haben ihre Wohnung oder ihren Gewerberaum zu verlieren.“ meint Hannah Weichsel von der Kiezversammlung44, „Es ist aber wichtig die eigene Scham und Ohnmacht zu überwinden und sich zusammenzutun.“ Seit 2 Jahren gibt es die selbstorganisierte Kiezversammlung44, welche sich im zwangsgeräumten Kiezladen gegründet hatte. In ihr unterstützen sich die Betroffenen gegenseitig, helfen sich mit Ratschlägen oder organisieren gemeinsame Aktionen.

Besonders gespannt sind dasFriedel54-Kollektiv und die KV44 auf einen Antrag für den Ausschuss Stadtentwicklung/Wohnen am Folgetag, indem gefordert wird Ersatzräume zu suchen und zur Verfügung zu stellen. Im O-Ton heißt es hier: „Das BA wird gebeten sich dafür einzusetzen, dass dem Friedel-Kollektiv, samt mitnutzenden Kiezinitiativen, in der Nähe des bisherigen Standortes neue Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Hierbei ist u.a. die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land anzusprechen.“

Sander vom Kollektiv äußert sich hierzu ambivalent: „Wer den Namen unseres Kollektivs ließt, weiß, dass es einen Raum gab, der eigentlich ganz gut funktioniert hat. Dieser wurde unter rot-rot-grün geräumt, weshalb der Antrag auch nur Resultat hausgemachter Probleme ist.“ fährt dann aber nüchtern fort, „Kiezläden kann es nicht genug geben. Es braucht selbstverwaltete und unkommerzielle Räume. Und das nicht nur in Neukölln.“ Deshalb werde man sich am Donnerstag auch in den Ausschuss setzen und beobachten, wie die Bezirkspolitik reagiert.

Presseskontakt: Matthias Sander
Telefon: 0157 75154084
E-Mail: kiezladenf54bleibt@riseup.net

Blog: www.friedel54.noblogs.org
Twitter: @kiezladen_f54
Facebook: Kiezladen Friedel54