Das Kollektiv des Kiezladens Friedel54 spricht seine Solidarität mit den Betroffenen der Neonazi-Anschläge aus! Ein Aufruf zum Kampf gegen rassistische und soziale Brandstifter_innen!
Neonazi-Anschläge in Neukölln
Im Dezember kam es zu einer großen Anzahl von Anschlägen auf Antifaschist_innen und Läden, die sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit positionieren. Es begann in der Nacht vom 4. auf den 5. Dezember mit fünf Anschlägen in Berlin-Neukölln. In dieser Nacht wurde das Café-Kollektiv k-fetisch, dass sich im Erdgeschoss eines Wohnhauses befindet, mit einem Brandsatz angegriffen. Glücklicherweise konnte das Feuer nicht auf den Laden und die Mietwohnungen übergreifen. In Rudow wurde der Buchladen Leporello mit Steinen angegriffen. Der Buchladen nimmt teil an der beachtenswerten Kampagne „Neuköllner Buchläden gegen Rechtspopulismus und Rassismus“. Der evangelischen Kirchengemeinde in der Köpenicker Straße in Rudow wurde ein großflächiges Plakat entwendet, welches darauf hinweist, dass Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar sind. Zudem gab es Anschläge auf mindestens zwei Privatwohnungen mit Steinen und Farbe. Kurz vor Weihnachten wurde die Wohnung einer Familie mit Bitumen und Steinen unbewohnbar gemacht. Und vom 26. auf den 27.12. wurden bei mindestens sieben Personen Bedrohungen an die Häuser gesprayt. Diese Aktionen waren derart konzentriert, dass es mehr als wahrscheinlich ist, dass organisierte Neonazi Strukturen hinter den Angriffen stehen.
Dies reiht sich ein in eine kontinuierliche Serie von weiteren Anschlägen, beispielsweise gegen den Projektraum Ida Nowhere im Donaukiez in diesem Sommer. Oder die Brandanschläge gegen das Anton-Schmaus-Haus (zwei Mal 2011) und Mitglieder der Falken in Britz (zuletzt Brandanschlag auf ein Auto am 14.01.17), gegen das Info-Zelt des Refugee Strike auf dem Oranienplatz (2014) und das antirassistische Kunstprojekt „Haus der 28 Türen“ auf dem Oranienplatz (2015).
Das sind Angriffe gegen Strukturen und Menschen die, sich gegen Faschismus und Rassismus engagieren. Hinzu kommen zahlreiche Anschläge, Körperverletzungen und Beleidigungen gegen geflüchtete Menschen, Nicht-Weiße oder vermeintlich Nicht-Deutsche. Der traurige Höhepunkt waren die Morde an Luke Holland und Burak B. in Neukölln, von denen zumindest der erste nachweislich einen rechtsradikalen Hintergrund hatte.
Das Kollektiv des Kiezladens Friedel54 spricht seine Solidarität mit den Betroffenen aus!
Es ist klar, dass wir dem Nazi-Terror entschlossen entgegen treten müssen. Und wir werden nicht nach den Bullen rufen oder uns auf den Staat verlassen. Nicht zuletzt der NSU-VS-Komplex hat gezeigt, dass es nicht den geringsten Grund dafür gibt, solchen Strukturen zu trauen. Wir müssen eigenständige antifaschistische Strukturen aufbauen.
Bereits Mitte Dezember fand eine Demonstration unter dem Motto “Gegen rechte Hetze & Gewalt” mit ca. 1500 Menschen in Nord-Neukölln statt, um Solidarität mit den Betroffenen auszudrücken und auf die erneute Eskalation faschistischer Gewalt aufmerksam zu machen! Seitdem gab es Outings von Neonazis, die in Neukölln leben oder arbeiten, und hoffentlich die ein oder andere Aktion von der wir noch nicht erfahren haben.
Der Kampf gegen Faschismus bedeutet auch die soziale Frage zu stellen
Aber der direkte Kampf gegen Faschist_innen kann nicht alles sein. Die Faschos im Parlament und die Neonazis auf der Straße sind sich nicht einig, aber sie schwimmen auf derselben Welle. Ihre Ideologie gedeiht auf Angst und Unsicherheit und der scheinbaren Alternativlosigkeit, die ihnen von der herrschenden Politik vorgelebt wird.
Die Angriffe der Faschist_innen sind erschreckend, aber im Vergleich zu den Angriffen des Kapitals finden sie viel seltener statt, und sind nicht annähernd so umfassend in ihrer Wirkung auf unser aller Leben. Denken wir daran, wie in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Arbeitsbedingungen verschlechtert wurden, die Löhne stagnierten, während die Mieten stiegen und die Stadt ausverkauft wurde, weshalb Zwangsräumungen und Obdachlosigkeit zunahmen! Gleichzeitig sind Einkommen und Reichtum in der Gesellschaft immer ungleicher verteilt.
Während der Anteil von Muslim_innen deutschland- und europaweit deutlich überschätzt wird, wird die krasse soziale Ungleichheit deutlich unterschätzt! Hier zeigt sich wie mediale Diskurse wirken. Zuwanderung und öffentliche Sicherheit werden grotesk vermengt und überthematisiert und somit Ängste geschürt. Gleichzeitig wird den Menschen kein Bild über die soziale Schieflage vermittelt. Wir müssen zeigen, dass es berechtigten Grund für Wut auf die Verhältnisse in Deutschland gibt. Aber auch dass es keine nationale, völkische, religiöse oder ethnische Lösung dafür gibt. Nachhaltige antifaschistische Arbeit muss die soziale Frage stellen und auch beantworten! Wenn wir die soziale Frage vernachlässigen, überlassen wir den Faschist_innen und Neonazis das Feld sich als „Alternative“ darzustellen. Und dann werden wir öfter Nächte erleben, wie im Dezember!
Darum Antifa in die Offensive!
Faschos verpisst euch!
Gegen rassistische und soziale Brandstifter_innen!