Dringender Aufruf für den Erhalt der ZAD in Notre-Dames-des-Landes

Seit drei Wochen geht die französische Gendarmerie brutal gegen die “Zone à defendre” „LA ZAD” vor. Der französischen Politik geht es dabei vor allem um die Zerstörung und Delegitimierung der vielen kollektiven Projekte und autarken Strukturen, die eine alternatve Wirtschaftsweise aufzeigen. Trotz des militärischen Vorgehens Frankreichs und zahlreicher Verletzter, regt sich weiterhin breiter Widerstand.

Es braucht aber eine breitere internationale Unterstützung und Öffentlichkeit. Gerade hier in Deutschland vermeiden viele Medien, ausführlich über die sozialen Bewegungen in Frankreich zu berichten, um eine breitere Solidarisierung zu vermeiden. Die Auseinandersetzung wird noch lange dauern.

Deswegen unterstützen wir den folgenden dringenden Aufruf zum Erhalt der größten besetzten Zone Frankreichs.

DRINGENDER AUFRUF
Wir, Gemeinschaften, Organisationen und Einzelpersonen fordern die französische Regierung auf, die gewaltsame Zerstörung der ZAD sofort zu beenden und das Gespräch über zukunftsweisende gemeinschaftliche Projekte auf diesem einzigartigen Gelände aufzunehmen.
Es geht um die Erhaltung des Vertrauens in menschliche Solidarität. Gemeinschaftliche Formen des Lebens und Wirtschaftens treten der scheinbaren Alternativlosigkeit, der fatalen Individualisierung unserer Gesellschaft entgegen. Sie müssen endlich neben individuellen Lebens- und Wirtschaftsformen anerkannt werden.
Wir unterstützen den Aufruf
Kiezladen Friedel54 im Exil

Wer diesen Aufruf auch unterstützen will schreibt an: de@forumcivique.org oder Hof Ulenkrug; Stubbendorf 69, 17159 Dragun


Mehr Informationen in Englisch/Französisch auf: https://zad.nadir.org


ERKLÄRUNG DES EUROPÄISCHEN BÜRGERINNEN FORUMS, April 2018
„La ZAD“ – ein jahrelanges Experimentierfeld für gemeinschaftliches Leben und Arbeiten – steht in Gefahr, zerstört zu werden.
Das EBF fordert die französische Regierung auf, ihre Gendarmerie-Einheiten von dem besetzten Gelände „La ZAD“ in Notre-Dames-des-Landes sofort abzuziehen.

Das ökologisch wertvolle 12 Quadratkilometer große Feuchtgebiet bei Nantes war von der Regierung vor 50 Jahren für den Bau eines Flughafengeländes ausgewählt worden. Durch ihren jahrzehntelangen Kampf haben enteignete Bauern und Bäuerinnen, Besetzer_innen, Naturschützer_innen und viele Menschen in ganz Frankreich die Regierung zur Einsicht gebracht, dass das Gelände nicht dafür geeignet ist: Im Januar 2018 hat die Regierung das Projekt gestrichen.
Seit dem 9. April dringen 2.500 Gendarmen mit Panzerfahrzeugen, Tränengas, verschiedenen Granaten (bisher 11.000 Stück!), Helikoptern und Drohnen auf dem Gelände gegen den Widerstand der Besetzer_innen vor, um diese zu vertreiben; 30 Hütten und Häuser wurden bereits dem Erdboden gleichgemacht, hunderte Besetzer-innen und ca. 60 Gendarmen verletzt.
Was wie ein Rachefeldzug aussieht, wird mit der Illegalität der Bewohner_innen begründet; ihre Legitimität wird jedoch ausgeblendet. Für ihre Regularisierung verlangt die Regierung, dass jede_r die/der auf dem Gelände bleiben will, einen individuellen Antrag für die Bewirtschaftung einer der Flächen stellen muss. Wird der Antrag angenommen, kann die Person bleiben, alle anderen müssen gehen, was zur Spaltung der Bewegung führt. Unter der massiven Präsenz der Gendarmerie sollen die Bewohner_innen gezwungen werden, ihr seit Jahren gemeinschaftlich begonnenes Zukunftsprojekt aufzugeben und das Schicksal individueller Kleinbauer-innen anzutreten.

Ein Grundbedürfnis der Menschen
Der Staat klammert sich an ein scheinbar einzig gültiges Gesellschaftssystem, das weltweit zur Vernichtung von Dorfgemeinschaften und der Natur führt. Er toleriert offenbar keinen Versuch, aus diesem zerstörerischen System auszubrechen. Die Individualisierung des Bodenbesitzes führte schon immer  zur Verdrängung der „Kleinen“ durch immer größere Unternehmen, die unter dem Zwang stehen, ständig weiter zu wachsen, ohne Rücksicht auf die Natur. Sie führt zu der automatischen Auflösung gesellschaftlichen Lebens auf dem Land, einem Grundbedürfnis der Menschen. Überall auf der Welt entstehen dennoch gemeinschaftliche Projekte, in denen der Boden nicht im Besitz Einzelner ist, sondern als Gemeingut genutzt wird. Häufig ist die kollektive Landnutzung der einzige Weg; gerade dort, wo das System versagt hat. Landlose, die zur Zeit z.B. in Spanien, Griechenland, in Brasilien oder Mexiko brachliegende Ländereien besetzt haben, werden häufig mit genau  dieser Begründung von dem Land wieder vertrieben. Zur gleichen Zeit, in der die Gendarmerie gegen die Besetzer_innen in La ZAD vorgeht, werden in Andalusien die landlosen Besetzer_innen von „Cerro Libertad“ durch die Guardia Civil vertrieben. Auch sie sollen individuelle Anträge für die Bewirtschaftung des Landes stellen, fordert die andalusische Regierung. Das seit Jahrzehnten funktionierende Gemeinschaftsprojekt von Landlosen auf einem besetzten Landgut in Marinaleda (Andalusien) soll jetzt mit dem Zwang zur Privatisierung zerstört werden.