Pressemitteilung zu den Ereignissen rund um die öffentliche BVV-Sitzung am 24.02.

/++ Öffentliche AnwohnerInnen-Fragestunde in der BVV Neukölln wurde von
starkem Protest verschiedener lokaler Kiezinitiativen, bedrohter
Projekte und solidarischer AnwohnerInnen begleitet. ++ Etwa 150 Menschen
nahmen an einer Kundgebung auf dem Rathausvorplatz teil. ++ Massive
Präsenz von Polizeieinheiten und MitarbeiterInnen des Ordnungsamts
machen den offenen Charakter der Bezirksversammlung zur Farce. ++ Auf
die Fragen eines Bewohners der Friedelstraße 54 nach konkreter
Unterstützung gegen die eigene Verdrängung und die Kündigung des
sozio-kulturellen Zentrums im Erdgeschoss, stiehlt sich Baustadtrat
Blesing aus der Verantwortung. ++/

Am heutigen Mittwoch war die monatliche, öffentliche Sitzung der
Bezirksverordnetenversammlung Neuköllns Anlass eines breiten Protests
verschiedener lokaler Initiativen und Projekte. Ein zentraler Akteur
waren Aktive und UnterstützerInnen des Wagenplatzes Kanal, auf deren
Standort eine der 68 geplanten Flüchtlingsunterkünfte des Senats gebaut
werden soll. Aber auch BewohnerInnen der Friedelstraße 54 und
Kollektivmitglieder des dortigen Kiezladens beteiligten sich am Protest.
Ein Mieter des Hauses trug ihr Anliegen dann auch im Rahmen der
Fragestunde in die BVV.

Die Antworten überraschen Matthias Sander, ein Sprecher des
Kiezladen-Kollektivs, nicht. „Wir hatten keine großen Erwartungen, aber
selbst die wurden noch unterboten. Das der Bezirk eine Kündigung durch
einen privaten Eigentümer formal nicht verhindern kann, ist uns ja
bewusst. Ebenso, was die geplanten Mieterhöhungen der BewohnerInnen
durch die ungewollten Modernisierungsmaßnahmen betrifft.“ Die Antwort
Blesings auf die Nachfrage, ob der Bezirk dann wenigstens die
Initiierung eines Runden Tisches mit MieterInnen und der Eigentümerfirma
Citec Immo Invest GmbH veranlassen könnte, macht Sander dennoch wütend.
„Der Bezirk kann eine private Firma zu nichts zwingen, weder zur Abkehr
von bestimmten Baumaßnahmen oder zur Teilnahme an einem Runden Tisch.
Das jedoch als Begründung vorzuschieben, dann gar nicht erst tätig zu
werden, zeugt von einem sehr seltsamen Verständnis seines Amtes.“

Diverse Aussagen des Baustadtrats, im Zuge seiner Antwort untermauern
diese Einschätzung. „Das der Fragensteller die Möglichkeiten der BVV
überschätze, obwohl es faktisch nur um eine formale Einladung geht,
lässt die Frage offen, welchen Sinn eine selbsterklärte Vertretung der
BewohnerInnen eines Bezirks dann noch hat.“ Und weiter: „Dann noch
nachzuschieben, dass es ja nur um ein Haus gehe und sich deswegen eine
Unterstützung erst recht nicht lohne, ist ein Schlag ins Gesicht aller
MieterInnen des Hauses.“ Ein Satz des Baustadtrats stößt Sander
besonders auf: „Sich vor der Verantwortung zu drücken ist eine Sache.
Dem Mieter eines Hauses, in dem seit über 1,5 Jahren ein sich stetig
eskalierender Konflikt mit den Eigentümern statt findet, dann noch zu
raten, er solle doch einfach mal eine Mieterberatung aufsuchen ist eine
absolute Frechheit.“

Trotzdem zieht Matthias Sander ein positives Fazit: „Durch die
Kundgebung konnten wir viele Menschen erreichen und auf unsere Situation
aufmerksam machen. Auch die Abgeordneten der BVV wissen, spätestens
jetzt, von unserem Fall.“ Dennoch wollen Hausgemeinschaft und Kiezladen
ihre Forderung weiter vertreten. „Es war für alle Anwesenden deutlich,
dass Herr Blesing mit seiner rigorosen Ablehnung, eines vom Bezirk
initiierten Runden Tisches, nicht die Meinung aller Abgeordneten, nicht
einmal die aller Mitglieder seiner eigenen Partei, vertritt. Ich denke
das eine einvernehmliche und friedliche Lösung des Konfliktes auch im
Interesse des Bezirks ist. Da ist noch nicht aller Tage Abend.“ vermutet
Sander.

Einen faden Beigeschmack hinterlässt das massive Aufgebot von
Sicherheitskräften vor und im Rathaus. „Öffentliche Sitzungen sollen
BürgerInnen eine niedrigschwellige Möglichkeit bieten, sich über das
Handeln der lokalen Regierung zu informieren. Wenn man sich dafür jedoch
erst durch eine Polizeikette quetschen und sich dann durch dutzende,
uniformierte Beamte zum Sitzungssaal durchschlagen muss, vermittelt das
kein Gefühl von Bürgernähe oder einfacher Teilhabe an politischen
Prozessen.“

Pressesprecher: Matthias Sander
Telefon: 0176 91281251
E-Mail: kiezladenf54bleibt@riseup.net