[Demo] Der Senat redet von Wohnungspolitik – wir machen sie!

Freitag, 25.05 | 18 Uhr | Lausitzer Platz

Her mit dem Sozialen Zentrum! – Raus auf die Straße! – Die Räumungen waren noch nicht das Ende!

Straffreiheit für die Besetzer*innen, nieder mit der Berliner Linie, schafft ein soziales Zentrum für Nord-Neukölln!

Am vergangenen Sonntag, dem 20. Mai, haben wir – gemeinsam mit vielen anderen Gruppen und Einzelpersonen – leerstehende Räume und Gebäude besetzt, um Leerstand so zu nutzen, wie wir es für viele Menschen für richtig erachtet haben.

Nachdem am 29. Juni 2017 unser Kiezladen Friedel54, in selbiger Straße durch ein Großaufgebot der Polizei gewaltsam geräumt wurde und die Räumlichkeiten bis heute leer stehen, sahen es wir als notwendig an, einen neuen sozialen, unkommerziellen und selbstwerwalteten Raum in der näheren Nachbarschaft zu schaffen.

In der Reichenbergerstraße 114 haben wir uns das Erdgeschoss, das seit langer Zeit leerstand angeeignet, um dort ein soziales Zentrum ,wie seinerzeit die Friedel54, aufzubauen. Einen Raum, der von allen genutzt werden kann, unabhängig von sozialem, oder legalem Status, Einkommen, Geschlecht oder sonstigen, äußeren Merkmale. Wir wollten und wollen ein Zentrum, in dem Gruppen, Kollektive und Einzelpersonen sich selbstbestimmt entfalten und ihr jeweils eigenes Programm durchführen können, ohne äußerliche Einschränkungen wie Raummiete oder Konsumzwang. Pläne dafür hatten wir viele, genauso wie wir sie in der Friedel54 verwirklicht haben. Dazu zählten und zählen unkommerzielle Info-Events, Workshops und Filmabende, Küfas und Brunchs, offene (Siebdruck-)Werkstätten, ebenso wie Stammtische, Kindervormittage oder ganz kurzfristig genutzten Open-Space.

Wir sind immer noch der Meinung, dass es solche Orte in Berlin – und überall – braucht. Orte in denen sich begegnet, ausprobiert und erprobt werden kann. Orte in denen es nicht darauf ankommt, ob Mensch noch das Geld für ein nächstes Getränk hat und Orte, in denen jede*r das, was ihm*ihr wichtig ist, verwirklichen kann. Und Orte, in denen gleichberechtigt entschieden wird, in denen es keinen „Chef“, „Vorsitzenden“ oder ähnliches gibt, sondern in dem alle Nutzer*innen und Besucher*innen gleichermaßen entscheiden was, wie und wo passiert.

Ein solcher Ort wurde uns durch die Räumung unseres Kiezladens genommen. Eine Räumung, die nur dazu diente, das vermeintliche Recht einer Luxemburger Briefkastenfirma durchzusetzen und die zu nichts weiter geführt hat, außer das wir nicht mehr da sind und der Laden seit mittlerweile fast einem Jahr leersteht.

Orte wie die Friedel54 waren und sind, wichtige Orte um sich zu begegnen und zusammen zu finden. Orte um sich auszutauschen, zu diskutieren und sich im Zweifel zusammen zu tun gegen all die Ungerechtigkeiten im Leben. Orte in denen es egal ist wo du herkommst, wieviel du verdienst, wie du aussiehst und was du willst, solange du die paar Grundsätze teilst die wir haben: Gegenseitige Rücksichtnahme, Respekt und die Vermeidung von allen Ekelhaftigkeiten wie Sexismus, Rassismus und co., die uns im Alltag so begegnen.

Die Räumung des Kiezladens hat vielen Menschen ihr Wohnzimmer geklaut. Ihren Veranstaltungsort, ihren Safer-Space, einfach den Ort, in dem sich viele Menschen wohl gefühlt und eine Auszeit von der alltäglichen Scheiße, die um uns herum passiert, genommen haben. Hier haben sich Menschen kennen gelernt, haben Kita-Gruppen Siebdruck gelernt, haben Menschen sich durch Info- und Filmveranstaltungen weitergebildet, haben Menschen – neben günstigem Essen und Getränken – Anschluss und Freunde gefunden, konnten sich an kostenlosen Veranstaltungen begeistern, konnten billig essen, kurzum: konnten all dies tun, was ihnen drumherum durch die schleichende Vermarktung und Kommerzialisierung der Stadt verwehrt worden ist. Hier kostete kein Kino Eintritt, wurde niemand bei Veranstaltungen abgewiesen, ging niemand hungrig oder durstig nach Hause und vorallem: hat sich niemand als Mensch zweiter Klasse gefühlt, nur weil er*sie die falsche Hautfarbe, das falsche Geschlecht, das falsche Einkommen, oder sonst etwas hatte.

So einen Raum vermissen wir. Und so einen Raum wollen wir wieder. Deshalb haben wir am vergangenen Sonntag gemeinsam mit vielen anderen Räume besetzt. Um zu zeigen, wie viel Leerstand es doch in dieser Stadt die aus allen Löchern pfeift doch gibt. Um zu zeigen das Leerstand kein gottgegebener Zustand und von der Gnade der Eigentümer*innen abhängt. Und um zu zeigen, dass Gesetze, die gerade wieder viel beschworen werden, nichts zählen, wenn sie offensichtlich falsch und an den Bedürfnissen der Menschen vorbei existieren.

Wir haben einen Raum besetzt, um wieder ein solches soziales Zentrum aufzubauen. Und wir haben diesen Raum verloren. Verloren durch und an Akelius, einer Wohnungsbaugesellschaft, die ein Paradebeispiel dafür ist, was alles falsch läuft in der Frage von Wohnen und Leben. Akelius, die Mieter*innen, die Menschen nur als Variablen in ihrer Rendite-Rechnung sieht und nicht als Individuen, die natürlich dort leben, wohnen und arbeiten möchten, wo sie es gewohnt sind und wo sich Netzwerke und Beziehungen aufgebaut haben. Akelius steht exemplarisch für alles, was wir ablehnen. Für das aggressive Vertreiben von Bestandsmieter*innen, wenn sie nicht bereit sind genug Miete und somit Profit zu generieren. Für das schamlose Profitsanieren, an deren Ende Wohnungen für bis zu 25-30€ den Quadratmeter kalt stehen. Preise die selbst für den Berliner Wohnungsmarkt unverschämt sind. Für das gesamte Vorgehen, eine reine Renditeorganisation zu sein, denen schon es schon lange nicht mehr um „ihre“ Mieter*innen geht, sondern rein um Zahlen. Um Profite und Rendite.

Wir hatten nie große Hoffnung dort lange zu bleiben. Dafür ist unsere Regierung zu sehr auf Linie des Kapitals, dafür schützen die Gesetze Investor*innen zu sehr und dafür steht die gesamte berliner Stadtpolitik zu lange und zu deutlich auf Seiten der Besitzenden und zu sehr hinter dem Primat des Eigentums. Akelius kann mehrere Wohnung jahrelang leer stehen lassen, in einer Stadt, in einem Bezirk in dem massivster Wohnraumnotstand stattfindet. Akelius kann jahrelang einen Gewerberaum leer stehen lassen, in dem so viel Nützliches und Sinnvolles stattfinden könnte,. Dafür interessiert sich keine Politik, dafür wird niemand bestraft. Wenn sich Menschen diesem offensichtlichen Missstand annehmen, wenn Menschen dafür sorgen, dass dieser spekulative Leerstand wieder der Allgemeinheit zu Verfügung gestellt wird, dann ist der Staat schnell bei der Hand. Dann werden in Windeseile Verfügungen, wie die Berliner Linie, oder Gesetze herausgekramt, die vorher bestenfalls ungenügend, im schlimmstem Fall irrelevant waren.

Wir ertragen kein weiteres Jahr ohne soziales Zentrum in Nord-Neukölln. Es ist wichtig, es ist richtig und deshalb muss und wird es wieder erkämpft werden. Solange eine luxemburgische Briefkastenfirma uns räumen lassen und den Laden danach fast 1 Jahr leerstehen lassen kann, sind wir da. Solange eine Firma wie Akelius eine Ladenfläche über ein Jahr ungenutzt leerstehen lassen kann sind wir da. Und solange wir kein neues, selbstverwaltetes Zentrum in Nord-Neukölln haben sind wir da.

Wir werden weiter den Finger in jede Wunde legen, die sich uns bietet. Wir werden weiterhin dafür kämpfen, ein Zentrum aufzubauen, das für die Menschen da ist, die es nutzen. Und nicht für die, die möglichst groß daran verdienen. Wir werden weiter unbequem und unbefriedet bleiben. Für mehr solidarische Nachbarschaften, rebellische Kieze, die Stadt von Unten und eine neue Friedel54.